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Starker Eingriff in die türkische Pressefreiheit

Journalistenverbände warnen vor Zensur durch neues Social-Media-Gesetz – 16 kurdische Journalisten wegen Terror-Vorwürfen inhaftiert
© Pixabay

Journalistenverbände warnen vor starken Eingriffen in die türkische Pressefreiheit

In der Türkei schlagen Oppositionskritiker, Aktivisten und Journalisten Alarm wegen eines neuen Social-Media-Gesetzes, dass die Regierung vorsieht. „Jeder und alles, was der Regierung nicht passt, kann ins Visier genommen werden“, sagte der Cyberrechts-Aktivist Yaman Akdeniz der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Das Gesetz muss noch vom Parlament verabschiedet werden. Im Parlament hält die regierende Partei AKP eine Mehrheit mit ihrem Partner, der ultranationalistischen MHP – von beiden stammt dieser Entwurf.

Laut des vorgesehenen Social-Media-Gesetzes drohen bis zu drei Jahren Gefängnis, wenn etwa mit dem Motiv, Beunruhigungen auszulösen, Falschinformationen zur inneren und äußeren Sicherheit des Landes, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Gesundheit verbreitet werden. Besonders dieser Artikel sorgt für viel Diskussion. Mustafa Yeneroglu von der oppositionellen Deva-Partei kritisierte Formulierungen in dem Entwurf als vage und offen für Willkür.

Auch im Bereich Online-Medien sieht das Gesetz neue Regeln vor. Journalistenverbände warnen jetzt schon, der Gesetzentwurf könne zu einem der strengsten Zensur- und Selbstzensurmechanismen in der Geschichte der türkischen Republik werden. Ünal Ceviköz, Poliktiker der größten Oppositionspartei CHP, kündigte den Kampf gegen eine „Mentalität“ an, die „Rechte mit Füßen“ trete.

Angebliche Bedrohung durch Desinformationen

Befürworter des Gesetzes argumentieren hingegen damit, dass Desinformationen sich zu einer „ernsthaften Bedrohung“ für den Zugang zu „wahren Informationen“ entwickelt haben. Daher sei die Bekämpfung einer solchen „Bedrohung“ notwendig, um Grundrechte und Grundfreiheiten zu schützen. Der türkische Präsident Recep Tyyip Erdogan hatte soziale Medien in der Vergangenheit etwa als Bedrohung für die Demokratie bezeichnet.

„Die Zukunft der Grundfreiheit in der Türkei sieht düster aus“, so Akdeniz. Den Entwurf nannte er „den finalen Versuch der Regierung, die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei durch die Schaffung eines Klimas der Angst zu unterdrücken“. Weiter heißt es „Das wird ihre neueste Waffe vor den Parlamentswahlen 2023 sein“.

Verstärktes Vorgehen im Südosten des Landes

Die türkischen Behörden gehen bereits mehrheitlich im kurdischen Südosten des Landes verstärkt gegen Medien vor. Am Donnerstag wurden 16 Journalisten in der Stadt Diyarbakir wegen Terrorismus-Vorwürfen inhaftiert, wie aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht. Ihnen wird demnach die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ zur Last gelegt. Einer der Anwälte der Journalisten, Resul Temir, bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass 16 der Festgenommenen nun offiziell beschuldigt und inhaftiert wurden.

Insgesamt waren vergangene Woche 20 Journalisten festgenommen worden. Unter ihnen auch der Vize-Präsident des Journalistenverbandes, Serdar Altan. Sie arbeiten alle für Medien und Produktionsfirmen, die der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP nahestehen. Für die Behörden galt diese Tätigkeit als Pressearbeit für die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von Ankara und seinen westlichen Verbündeten als terroristisch eingestuft wird.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) ging von politischen Motiven für das Vorgehen der Behörden aus. „Das lässt auf ein Vorwahlmanöver schließen, um der kurdischen politischen Klasse den Wind aus den Segeln zu nehmen und ihnen die Möglichkeit zur Meinungsäußerung zu nehmen“, sagte der Türkei-Vertreter der NGO, Erol Onderoglu. Zudem verwies er darauf, dass Ankara derzeit eine Offensive gegen kurdische Kämpfer in Nordsyrien vorbereite.

Die Gewerkschaft Disk-Is kündigte am Freitag einen Protest an. Die Anwaltsvereinigung von Diyarbakir kritisierte die Verhaftung als Eingriff in die Pressefreit und forderte die Freilassung der 16 inhaftierten Journalisten.

 

 

APA/ Red.

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