Skip to content

ORF-Publikumsrat zog Bilanz

Das Gremium wünscht sich mehr Mitspracherechte.
ORF/Milenko Badzic

ORF-Publikumsrat zog Bilanz über die letzten vier Jahre

Am Donnerstag haben sich die ORF-Publikumsräte zum letzten Mal in der aktuellen Funktionsperiode zu einer Sitzung getroffen. Mehrere Rätinnen und Räte äußerten dabei den Wunsch nach mehr Mitwirkungsrechten für das Gremium. Auch eine Entpolitisierung wurde von so manchem gefordert. ORF-Chef Roland Weißmann betonte, den Publikumsrat als wichtigen Sparringpartner zu sehen und zeigte sich angesichts des Abflusses von Onlinewerbegeldern ins Ausland alarmiert.

Zunächst zog der Publikumsrat Bilanz zu seinen in den vergangenen vier Jahren ausgesprochenen (Programm-)Empfehlungen. Wohlwollend wurden etwa die jüngst eingeführten Kindernachrichten ZiB Zack Mini oder die angekündigte rund 30-minütige Volksgruppensendung sowie das geplante Klima- und Nachhaltigkeitsmagazin aufgefasst, womit der ORF Forderungen des Gremiums nachkomme. Auch der Ausbau des barrierefreien ORF-Angebots wurde anerkannt, wenngleich weiter Luft nach oben sei. Im Wissenschaftsbereich existiert mit Mayrs Magazin wieder eine Nachfolgesendung für Newton, doch müsse angesichts der speziell in Österreich grassierenden Wissenschaftsskepsis das Thema breit aufgestellt werden, hieß es im Publikumsrat. Die Berichterstattung zur Corona-Pandemie solle, sobald sich die Nebel lichten, evaluiert werden, so eine Empfehlung.

Insgesamt betrachtet wünscht sich das Gremium mehr Mitbestimmungsrechte. „Der Umgang mit unseren Empfehlungen ist nicht berauschend, auch wenn manche Anliegen umgesetzt worden sind“, stellte etwa Andreas Kratschmar, der von der Politischen Akademie der ÖVP in das Gremium entsandt wurde, fest. Er würde etwa Zustimmungskompetenzen des Gremiums bei Jahressendeschemata begrüßen. Dem schloss sich Barbara Nepp, die über das FPÖ Bildungsinstitut in den Publikumsrat gelangte, an. Zudem bemängelte sie, dass der Publikumsrat in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werde. Ein Auftritt des Gremiums – etwa in den sozialen Medien – könnte für mehr Aufmerksamkeit sorgen.

Golli Marboe, vom NEOS Lab entsandt, würde ebenfalls mehr öffentliche Wahrnehmung als auch Zustimmungskompetenz für die Sendeschemata begrüßen. Unbedingt ändern müsse der Gesetzgeber allerdings den Bestellmechanismus. Es sei „anachronistisch“, dass der Bundeskanzler bzw. die Medienministerin 17 Personen und damit die Mehrheit des Gremiums bestelle. Diese Mehrheit genügt, um in der konstituierenden Publikumsratssitzung im Mai die sechs Räte aus den eigenen Reihen für den mit weit mehr Befugnissen ausgestatteten ORF-Stiftungsrat zu wählen.

„Wo steht geschrieben, dass das drei schwarze und drei grüne Stiftungsräte werden sollen?“, fragte sich Marboe und trat für Hearings ein. Derzeit wisse man nämlich nicht, warum jemand für eine Position im Stiftungsrat kandidiere und welche Qualifikationen diese Person mitbringe. Der Vorsitzende des Publikumsrats, Walter Marschitz, betonte, er habe sich darum bemüht, dass Parteipolitik keine Rolle im Gremium spiele. Die meisten Empfehlungen seien auch mit „überwältigender“ Mehrheit beschlossen worden.

Weißmann bezeichnete den Publikumsrat als Sparringpartner, dessen Empfehlungen er sich „ganz genau“ anschauen und verstärkt an deren Umsetzung arbeiten wolle. In Hinblick auf die gewünschte größere Aufmerksamkeit für das Gremium in der Öffentlichkeit, „stoßen sie bei mir auf offene Ohren“, so Weißmann.

Für die gesetzlichen Mitwirkungsrechte des Publikumsrats ist nicht der ORF-Chef, sondern derzeit Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zuständig. Diese kündigte zwar eine ORF-Digitalnovelle an, nicht jedoch eine Gremienreform. Die Gespräche zur Novelle seien „gut, aber hart“, meinte Weißmann. Auf dem Wunschzettel des ORF-Chefs stehen weiterhin eine längere Abrufdauer für ORF-Sendungen sowie Inhalte online first und online only in gewissen Bereichen zur Verfügung stellen zu dürfen. Denn man wolle im digitalen Raum mit unabhängigen Informationen als Gegenpol zu Fake News und Hass wirken können.

Weißmann tritt auch für „zeitgemäße“ Werbeformen für das öffentlich-rechtliche Medienunternehmen ein. „Wir müssen darauf achten, dass nicht das gesamte Werbegeld abdriftet“, sagte er. Denn der Onlinewerbemarkt sei hierzulande etwa zwei Milliarden Euro schwer. Davon fließen laut dem ORF-Generaldirektor 1,7 Milliarden Euro primär an große Internetkonzerne im Ausland. Mit einer Novelle und Kooperation am heimischen Medienmarkt könne man gegensteuern, so Weißmann.

 

apa

Gefällt Ihnen der Beitrag?
Facebook
Twitter
LinkedIn
Telegram
WhatsApp
Email
Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner