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ORF: größte Finanzkrise der Geschichte steht bevor

Extreme Teuerung, explodierende Energiekosten, Rückgänge bei den Werbeerlösen und die steigenden GIS-Abmeldungen führen zu Finanzierungskrise.
©pixabay

ORF-Generaldirektor fordert Neuregelung bis März 2023.

Der ORF steht vor einer der „größten Finanzierungskrisen“ in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Medienhauses. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann warnt, dass die gesetzlichen Aufträge ab 2024 nicht mehr garantiert werden könnten, sollte sich nichts an dem bestehenden Finanzierungsmodell ändern. Dies gab er in einem Schreiben an die ORF-Stiftungsräte an. Um dies zu verhindern, sei eine gesetzliche Neuregelung der Finanzierung bis Ende 2023 notwendig.

Ursache für die Krise seien „die extreme Teuerung, die explodierenden Energiekosten, Rückgänge bei den Werbeerlösen und die steigenden GIS-Abmeldungen“. Auch mit der Erhöhung der Gebühren von acht Prozent für die Jahre 2022 bis 2026 reiche nicht aus, um die derzeitige Inflation auszugleichen. Bereits im ersten Jahr der Gebührenperiode befinde man sich derzeit über der für fünf Jahre berechneten Programmentgeltanpassung. 

Für die Jahre 2022 und 2023 rechnet Weißmann noch mit einer ausgeglichenen Bilanz: mit Hilfe eines Pakets, das unter anderem Sachkostenreduktionen, Energiesparmaßnahmen oder eine moderate Lohnrunde und Aussetzen der Pensionskassenbeiträge beinhaltet. Nicht direkt das Programm betreffende Maßnahmen seien damit aber ausgeschöpft. Im Jahr 2022 wird ein Einschnitt in das Programm, das sich auch auf das ORF-Publikum auswirken dürfte, erwartet. 

Nun seien die nächsten Wochen und Monate entscheidend und „richtungsweisend, in welcher Form der ORF seine mediale Leistung für die Österreicherinnen und Österreicher in Zukunft erbringen kann“. Zuletzt hatte der Verfassungsgerichthof (VfGH) die sogenannte Streaminglücke, also das Streamen von ORF-Programm ohne dafür Programmentgelt zu entrichten, als verfassungswidrig eingestuft. Im Rahmen einer Neuregelung, die bis Ende 2023 erfolgen müsse, könnte sich die derzeitige GIS-Gebühr auf weitere Geräte, wie beispielsweise Laptops, erweitern. Alternativ sind die Einführung einer Haushaltsabgabe oder die Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget im Gespräch. 

Um eine zeitgerechte Implementierung der Umstellungsmaßnahmen zu gewährleisteten drängt Weißmann auf eine Entscheidung bis Ende März 2023. Bisherige Gespräche mit Stakeholdern wie Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) deuten für Weißmann darauf hin, dass der “enge Zeitrahmen” erkannt wird.

Um einen angemessenen Leistungsumfang zu gewährleisten sei Weißmann zufolge auch die Höhe der künftigen Finanzierung von Bedeutung. Die Einnahmen aus Programmentgelten liegen derzeit bei 650 Millionen Euro. Auch in Zukunft wolle man weiter “unverzichtbare Aufgaben für Österreich” erfüllen. Weißmann sieht den ORF dabei nicht nur als medialen Begleiter an, sondern betont auch dessen Informations-Orientierungsfunktion sowie die Funktion als Partner und Wirtschaftsmotor. So investiere der ORF jährlich 120 Millionen Euro in Kunst und Kultur. Außerdem sei er der größte Auftraggeber der österreichischen Film- und TV-Wirtschaft. Mit einer Zahlung von rund 170 Millionen Euro jährlich an die Landesstudios und regionale Berichterstattung, leiste er zudem einen wichtigen Beitrag „zur Stärkung des Föderalismus und nationalen Zusammenhalts“.

Mediensprecherin der Grünen Eva Blimlinger kann sich eine Finanzierung des ORF aus dem Bundeshaushalt gut vorstellen. Dies sei allerdings mit Bedingungen verknüpft. Wichtig sei eine automatische Anpassung an die Inflation sowie ein gesetzlich festgeschriebener Betrag, der mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat abgesichert ist. Auch eine Haushaltsabgabe will Blimlinger noch nicht ausschließen. Diese müsse allerdings nach sozialen Kriterien gestaffelt ausfallen.

Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-“Freundeskreises” sieht die kommende Stiftungsratssitzung als entscheidend an. Wichtig sei es dabei, Lösungsvorschläge voran zu bringen. Die Drei künftigen Finanzierungsmodelle, GIS-Neuregelung, Haushaltsabgabe und Budgetfinanzierung müssten dabei im Gespräch bleiben. Zur Budgetfinanzierung äußerte er sich aufgrund des engen Zeitrahmens allerdings kritisch. Ob diese bis Ende 2023 umgesetzt werden könne, sei fraglich.

APA/Red.

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