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Österreichs Journalismusbranche schrumpft

Der "Journalismus-Report" liefert erstmals seit über zehn Jahren aktuelle Gesamterhebung.
© Unsplash

Österreichs Journalismus schrumpft. Heute sind um ein Viertel weniger Journalistinnen und Journalisten in Österreich tätig als vor einem Dutzend Jahren. Das geht aus dem “Österreichischen Journalismus-Report” hervor, der am Montagabend präsentiert wurde. Zugenommen – auf knapp die Hälfte – hat allerdings der Anteil der Frauen, die auch für die höhere Akademisierungsrate verantwortlich sind.

“Wenn man den Prototyp beschreiben würde, es wäre ein Mann Mitte 40, er hätte keinen akademischen Abschluss und würde in einem Printmedium in Wien Vollzeit arbeiten”, fasste Mitautorin Sonja Luef die Ergebnisse der Basisdaten-Vermessung zusammen. Rund 5.300 Journalistinnen und Journalisten gibt es demnach derzeit in Österreich, dazu kommen einige Hundert Freie. Bei der ersten vergleichbaren Erhebung 2006 waren es noch etwa 7.000.

Stärkerer Produktionsdruck

Dem Rückgang stehe ein Wachstum in anderen Kommunikationsberufen, also etwa in PR und Medienberatung, gegenüber, eine “Schieflage”, wie die Autorinnen und Autoren des Reports, Andy Kaltenbrunner, Renee Lugschitz, Matthias Karmasin, Daniela Kraus und Luef konstatieren.

Im Printmediensektor gingen im Beobachtungszeitraum die meisten, nämlich fast 1.500 journalistische Arbeitsplätze verloren. Dennoch arbeitet nach wie vor der Großteil in einem Medium, das ursprünglich aus dem Printbereich kommt. Bei Radio- und TV-Sendern sind heute rund 100 Journalistinnen und Journalisten weniger beschäftigt als bei der Erhebung 2006. Am stabilsten zeigten sich Regionalmedien.

Grund für den Rückgang ist, dass mehr Medientitel aufgegeben als neue gegründet und die Redaktionen ausgedünnt wurden. Damit einher geht, dass die Journalistinnen und Journalisten stärkeren Produktionsdruck feststellen und die Sorgen um die berufliche Zukunft vor allem im Printbereich wachsen. “Das Arbeitspensum ist über die gesamte Branche hinweg deutlich gestiegen”, sagte Kaltenbrunner.

Im Gegensatz zu Nordeuropa oder den USA stehe Österreich noch am Anfang eines “schwierigen Prozesses”, heißt es im Report. Während in skandinavischen Ländern bereits über 80 Prozent regelmäßig für digitale Medienkanäle arbeiteten, treffe das in Österreich nur auf 40 Prozent zu.

Mehr Frauen im Journalismus

Stark zugenommen hat die Zahl der Frauen im Journalismus. Sie machen mittlerweile knapp die Hälfte (47 Prozent) der Branche aus und sind im Durchschnitt formal besser gebildet als ihre männlichen Kollegen. Allerdings arbeitet ein großer Teil (45 Prozent) der Journalistinnen in Teilzeitverträgen, was ihre Einkommen reduziert.

Außerdem finden Frauen in der mittleren Führungsebene zwar immer öfter, in den Redaktionsspitzen aber noch kaum Entsprechung. “Journalistinnen sind jünger und besser gebildet, aber sie verdienen weniger und sie sind seltener in Leitungspositionen”, beklagte Kraus.

“Besorgniserregend” ist dem Report zufolge der rasche Anstieg des Durchschnittsalters auf mittlerweile 44,5 Jahre. Ein gutes Drittel der Journalistinnen und Journalisten ist älter als 50 Jahre. Österreichs Journalismus sei im Durchschnitt um vier Jahre in zwölf Jahren gealtert, stellte Kaltenbrunner fest. “Das ist enorm viel.”

Berufliche Selbstverständnisse

Mehr als die Hälfte der Journalistinnen und Journalisten ist in Wien tätig (56 Prozent). In der Frage des beruflichen Selbstverständnisses steht der Anspruch, “neutral und präzise zu informieren” an oberster Stelle, berichtete Karmasin.

APA-Geschäftsführer Clemens Pig plädierte anlässlich des Reports für ein “gezieltes Employer-Branding für journalistische Berufe”. “Es ist höchst an der Zeit, dass wir wesentlich stärker ins Zentrum stellen, welch eminente Bedeutung dieser Beruf hat.”

Für die Untersuchung wurden fünfhundert repräsentativ ausgewählte Journalistinnen und Journalisten interviewt. Das Forschungsteam des Medienhauses Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften recherchierte soziodemografische Details von Tausenden Medienmachern und Medienmacherinnen.

 

APA/Red

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