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Medienarbeit in dunklen Stunden

Einsam in der Redaktion, irgendwo zwischen Stille und Stress, sprungbereit bei großen Ereignissen: Nächtliche Versorgung der Öffentlichkeit mit Online-Nachrichten ist kein gewöhnlicher Job. Sondern eine spezielle Mission.
© APA

Ein Job mit Anspruch: Wer zu vorgerückter Stunde im APA-Newsroom Nachrichten ins Netz stellt, braucht Erfahrung und Flexibilität

Es ist ein längeres Telefonat. Die Frau am anderen Ende der Leitung verfolgt zu vorgerückter Stunde ein wohl eher ungewöhnliches Anliegen. Ihr Gesprächspartner möge die wenige Stunden zuvor publizierten Fotos einer Sonde im All unter die Lupe nehmen. Gesagt, getan. Das Resultat dürfte jedoch kaum Begeisterung im universellen Ausmaß hervorgerufen haben. „Leider konnte ich selbst nach einer Viertelstunde genauen Betrachtens nicht bestätigen, dass ich ihn endlich sehe: Den Beleg für Leben auf dem Mars.“

Die Erde hingegen hält für Nachrichtenprofis wie Stefan Vospernik sichtlich erstaunliche Momente bereit. Jenen Trip in entlegene Wahrnehmungs-Sphären erlebte der APA-Redakteur zu einer Zeit, wo die meisten Menschen von fernen Planeten höchstens träumen. In der Austria Presse Agentur ticken die Uhren heute eben wie in jedem Medienhaus anders. Wichtige Meldungen müssen nicht in die Warteschleife bis zur nächsten Ausgabe oder zur nächsten Sendung. Möglich macht es Digitalisierung: Via Internet lässt sich jegliches Weltgeschehen quasi in Echtzeit unters Volk bringen. Was den Auserwählten hinter der Online-Versorgung auch Nachtschichten beschert. 

Wenig verwunderlich handelt es sich dabei um keinen gewöhnlichen Job. Erforderlich sind vielmehr bestimmte Fertigkeiten. „Der Unterschied zu anderen Diensten ist sprichwörtlich wie Tag und Nacht. Man zeichnet für alle News verantwortlich und muss alle Kanäle bedienen. Bei großen Ereignissen in Österreich besteht außerdem die wesentliche Aufgabe der umfassenden Berichterstattung. Das betrifft auch eine Alarmierung von Spezialisten für Bild und Video. Die Mitarbeiter aller zuständigen Ressorts müssen ebenfalls Bescheid wissen. Im Nachtdienst zeigt sich der Stellenwert großer Erfahrung“, weiß Vospernik.

Keine ruhige Kugel

Denn wer in der Nacht auf der Kommandobrücke steht, sollte auf alles gefasst sein. Egal ob sportliche Sensation, politische Rochade, wirtschaftliche Sternstunde oder prominenter Ausrutscher. Dann wird aus der erhofften ruhigen Kugel ein rasanter Wettlauf mit der Zeit. Ohne Bremsmöglichkeit und mit hohem Tempo. Nicht selten angesiedelt zwischen Kompetenz, Improvisation und dem Fallschirm namens Routine. Zögern oder Verzögern sind jedenfalls tabu, wenn es um den Sprint in die Öffentlichkeit geht. Wer die entscheidenden Sekunden verbucht, sammelt bei Konsumenten und Kunden nachhaltige Pluspunkte. 

Ohne Eigenschaften wie Wille zur stetigen Bereitschaft könnte besagter medialer Marathon jedoch irgendwann als veritables Desaster enden. „Hier ist Selbstständigkeit gefragt. Der Journalist macht in der Regel nicht nur alles selbst, sondern muss rasch entscheiden, welche Quellen vertrauenswürdig sind und was man veröffentlichen soll. Gerade in der Nacht sind die Spielräume jedoch eher  überschaubar. Das erfordert gutes Urteilsvermögen und manchmal Standfestigkeit, um nicht irgendwann nervös zu werden. Speziell bei spektakulären Geschehnissen“, erklärt Martin Kallinger, leitender Redakteur von krone.at.

Doch es gibt in den nächtlichen Redaktionsstuben auch beschaulichere Momente. Wenn das Abenteuer gerade Pause macht, können Journalisten endlich durchatmen. Dann werden Batterien aufgeladen für mögliche weitere Spezialaufgaben. An hektiksenkenden Mitteln scheitert die Entspannung garantiert nicht. Eine Thrillerserie auf Netflix oder Skype-Kontakt mit dem Ehepartner beispielsweise versprechen zumindest in der Theorie Entspannung. 

Trotz des zeitweiligen Herunterfahrens von latenter Anspannung bleiben gewiefte Profis auf der Hut. In wenigen Sekunden kann eine vermeintliche Idylle zum Hexenkessel mutieren. In solchen Fällen sollte der Umschalt-Modus reibungslos funktionieren. „Stress gehört keineswegs zwingend zur Nachtarbeit. Schließlich plätschert die Nachrichtenlage oft einfach vor sich hin, man kann leicht mithalten und muss keine Probleme lösen. Unvorhergesehene Ereignisse verlangen aber eine schnelle Reaktion. So wie den Gedanke an potenzielle Nachfolge-Berichte. Das bedeutet häufig eine wirkliche Herausforderung für jemanden, der hier gänzlich alleine seine Tätigkeiten versieht“, konstatiert Lukas Urban, Redakteur des Heute-Newsportals heute.at.

Von Christian Prenger

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Cover 16. April 2024

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