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Investigativ-Journalismus-Preis in Russland

Mit der „Redkollegia“-Auszeichnung will Sergey Parkhomenko den Aufdeckerjournalismus fördern.
© Pixabay

Der russische Investigativjournalist Sergey Parkhomenko ist überzeugt, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seit 1999 Journalisten das Leben „unzumutbar“ machen will. Mit seinem „Redkollegia“-Preis will der Publizist unabhängigen Investigativjournalismus in Russland fördern. “Die russische Medienindustrie ist zerstört, aber der Journalismus lebt in ganz Russland”, sagte er am Donnerstag in Wien.

Der von Parkhomenko ins Leben gerufene Preis stellt monatlich „rund 10.000 US-Dollar“ für Preisträger zur Verfügung. Die Mittel werden von der „Sreda-Foundation“ finanziert, die den russischen Oligarchen Dimitry und Boris Zimin gehört.

Laut Parkhomenko werden jeden Monat drei „handverlesene“ russische Journalisten ausgezeichnet, die „besonders gute Arbeit“ geleistet haben. Da sich die Preisträger so auch untereinander kennenlernen, soll so ein Netzwerk für Qualitätsjournalismus entstehen. „Mittlerweile gibt es über 100 Preisträger, die nun alle miteinander vernetzt sind“, sagte Parkhomenko, der sich mit sieben Kollegen wegen einer Konferenz über die russische Presse in Wien aufhielt. Der Preis sei das beste Lebenszeichen für Journalismus in Russland. Dennoch blieben in dem Land die privaten Investitionen in Medien aus, weil diese als „gefährlich“ und „wirtschaftlich dumm“ bewertet würden.

Provider sind der schwächste Punkt

Laut Parkhomenko können in Russland gerade Internetmedien grundlos blockiert werden. „Die Provider sind der schwächste Punkt, da sie oft unter Druck stehen“, sagte er. „Man kann in Österreich mehr russische Medien lesen, als in Russland, denn dort werden viele Medien geblockt“, fügte er hinzu. Darum entstehe ein Wettlauf zwischen der Öffentlichkeit, die versuche, mit VPN-Diensten und ähnlichen technischen Tricks die Blockaden zu umgehen, und den Behörden, die das verhindern wollten. Besonders die sozialen Netzwerke gewinnen in Russland laut Pakhomenko immer mehr an Bedeutung. „Das ist die wichtigste Quelle für die Medien und die Öffentlichkeit“, sagte er.

„Gerade Artikel zu Putins Privatleben und seinem Freundeskreis seien für Journalisten in Russland gefährlich“, sagte der russische Journalist Ilya Azar. Dies habe schon viele ihren Job gekostet. Erst vor einigen Wochen seien wieder zwei Journalisten entlassen worden, weil eine ehemalige hochrangige Politikerin, über die berichtet wurde, den Besitzer der Zeitung angerufen und die Entlassung der Autoren gefordert habe. Einige große Tageszeitungen würden aus Angst vor Repressionen kaum noch politische Artikel veröffentlichen.

Die Preisträgerin Ksenia Leonova, die Investigativjournalismus mit Schwerpunkt auf Wirtschaftsthemen betreibt, berichtete, dass Wohnungen von Investigativjournalisten verwanzt und ihre Telefone abgehört würden. „Als Wirtschaftsjournalist wird auch das Konto überwacht“, sagte sie.

Für Azar ist die Vernetzung von Journalisten in Russland schwierig. Es gebe keine unabhängigen Organisationen und Gewerkschaften, in denen man sich zusammenschließen könne. „Wir brauchen eine Organisation, die professionelle Standards vorlegt“, fügte Parkhomenko hinzu.

„Professioneller Journalismus ist noch immer sehr gefährlich, da die Mächtigen glauben, den Journalisten Vorgaben machen zu können“, berichtete Irina Gordienko, die sich auf Tschetschenien und den radikalen Islam in Südrussland spezialisiert hat. Wegen Korruption würden Behörden beispielsweise den öffentlichen Drohungen des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow gegen Zeitungen kaum Beachtung schenken.

Gewalt gegen Journalisten

„Vor einigen Jahren wurden wir angegriffen, unser Bus wurde angezündet“, berichtete Aleksandrina Elagina, die besonders über Polizeigewalt und Korruption berichtet. „Ich war so sauer, weswegen ich die Geschichte umso mehr veröffentlichen wollte“, fuhr sie fort. In Russland werde Bestechung vielerorts bereits als normal angesehen. „Als Journalist muss man die Menschen vom Gegenteil überzeugen, da es ihre Lebensqualität betrifft – es kann alles besser werden“, sagte sie weiter.

Gewalt gegen russische Journalisten finde auch im Ausland statt: Laut Gordienko seien im vergangenen Jahr drei Journalisten bei ihren Recherchen in der Zentralafrikanischen Republik getötet worden. Die offizielle Version mache zwar lokale Milizen für die Ermordung verantwortlich, doch es gebe Hinweise darauf, dass „Russen aus Putins Umfeld“ darin verwickelt gewesen seien. „Wir haben Fakten und werden diesen Fall weiter untersuchen“, erklärte sie.

APA/red

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