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Australien: Kritik an Razzien gegen Journalisten

Presse beklagt weniger Freiheiten und Verfolgung von Whistleblowern.
© Pixabay

Australische Journalisten gerieten in letzter Zeit immer wieder in den Fokus der Polizei. Kritiker fordern deshalb mehr Schutz für Journalisten im eigenen Land.  Aktuell drohen dem 55-jährigen Australier David McBride 60 Jahre Haft, weil er Geheimpapiere über die mutmaßliche Beteiligung australischer Soldaten an der Tötung von Zivilisten während ihres Afghanistan-Einsatzes an die Presse gegeben hat.

McBride – ehemaliger Major, inzwischen Anwalt – bestreitet das nicht: „Ich habe das Recht dazu, weil unsere Regierung das Gesetz gebrochen hat. Wenn die Regierung Kriegsverbrechen begeht, hat ein Offizier oder Anwalt die Pflicht, darüber zu reden.”

Verfolgung von Whistleblowern

Er ist nicht der einzige Whistleblower, dem Haft droht. Im Juni durchsuchte die australische Bundespolizei die Redaktionsräume des Fernsehsenders ABC in Sydney, der die „Afghanistan-Papiere” 2017 veröffentlicht hatte. In Canberra wurde die Journalistin Annika Smethurst Ziel einer Razzia. Sie hatte darüber berichtet, dass die Regierung die Befugnisse von Geheimdiensten ausweiten wolle.

Die Polizei sieht sich dabei völlig im Recht, weil es um Papiere gehe, die als geheim oder gar streng geheim eingestuft worden seien. Es bestehe „große Gefahr für die nationalen Interessen”. Der einflussreiche Staatssekretär im Innenministerium, Mike Pezzullo, meinte kürzlich über Beamte, die die Presse mit solchen Papieren versorgten: „Die müssen dafür ins Gefängnis.”

Kritiker warnen, dass mit der Verfolgung von Whistleblowern und Razzien gegen Journalisten die Pressefreiheit unterminiert werde. Manche sehen Australien auf dem Weg zu einem „Polizeistaat”. Der Vorstandschef des Medienkonzerns News Corp Australia (Sky, Fox, “The Australian”), Michael Miller, meint: „Wir leben in einem Staat immer größerer Geheimhaltung. Die Australier laufen Gefahr, ihre demokratischen Freiheiten zu verlieren.”

Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York hat Australiens Parlament 75 neue Gesetze zum Schutz der nationalen Sicherheit verabschiedet – doppelt so viele wie die USA. In der alljährlichen weltweiten Rangliste der Pressefreiheit, die die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen veröffentlicht, verlor Australien zwei Plätze. Es liegt jetzt auf Platz 21 von 180.

Im Länderbericht heißt es: „Unabhängige Investigativjournalisten und Whistleblower sehen sich mit drakonischer Gesetzgebung konfrontiert.” Die Berichterstattung über Terrorismus und nationale Sicherheit sei „fast unmöglich”. Außerdem sind Privatleute – ob prominent oder nicht – in Australien durch strenge Gesetze vor Verleumdung geschützt. Im Zweifelsfall steht der Anspruch auf Information dahinter zurück. Und die Gerichte können zusätzliche strenge Regeln erlassen.

Über den Missbrauchsprozess gegen den ehemaligen Vatikan-Finanzchef, den australischen Kardinal George Pell (78), durfte monatelang überhaupt nicht berichtet werden. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Geschworenen unvoreingenommen bleiben. Das Verbot richtete sich nicht nur gegen australische Medien, sondern gegen alle, die in Australien zu lesen oder zu empfangen sind. Es war sogar verboten zu berichten, dass es verboten war zu berichten.

Als Pell des Missbrauchs an zwei Chorknaben schuldig gesprochen wurde, bröckelte die Nachrichtensperre. Auch mehrere australische Medien versuchten, sie zu umgehen, ohne ausdrücklich den Namen des Kardinals zu nennen. Nun droht 21 Journalisten und 13 Medienhäusern deshalb der Prozess. Neben hohen Geldstrafen ist auch Haft möglich. Inzwischen hat das Gericht auch das Strafmaß für Pell verkündet: Er wurde zu sechs Jahre Gefängnis verurteilt – nun dürfen Medien auch darüber berichten.

APA/Red

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