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Lektoren sei Dank

„2,7 Millionen Euro – über so viel Geld darf sich ein Niederösterreicher freuen, der die sechs ‚Richtigen‘ getippt und damit den Doppeljackpot im Lotto gekackt hat.“ Dieser Satz ist so nie gedruckt worden. Dem Lektor sei Dank …
© Pixabay

Lateinisch „Lector“ = Leser. Im Mittelalter hieß es sogar Lesemeister. Eine hochangesehene Zunft. Von den Rittern in die Gegenwart: Bis heute gibt es keine Lehre, kein Studium, keine geregelte Ausbildung. Die Berufsbezeichnung ist frei. Ebenso der Zugang. Glück und Gunst. Dussel und Massel. Vorsehung. Kismet. Jede(r) darf sich Lektor nennen. „Ich bin durch Zufall zu dem Beruf gekommen“, schildert Rüdiger Ratzenböck von den Oberösterreichischen Nachrichten. „Vor ungefähr zwölf Jahren habe ich in der Redaktion angerufen und gefragt, ob die OÖN eventuell Lektoren benötigen. Ein paar Wochen später kam die Frage, ob ich kurzfristig an einem Tag einspringen könnte. Das war der Startschuss, dann wurde es immer mehr, seit 2013 bin ich fix angestellt“, so Ratzenböck weiter.
Kein Einzelfall. „Ich habe während des Studiums ÖH-Zeitungen genauso korrigiert wie Klosprüche. Später habe ich dann nach gut einem Jahr den Duden quasi auswendig gekonnt und jede Frage für mich gelöst gehabt“, erzählt Thomas Unger (Der Standard) von seinen ersten Berufserfahrungen. Viele sind Quereinsteiger wie zum Beispiel Sabine Schmidt (Heute): „Ich bin über meinen Erstberuf als Übersetzerin mit Englisch als Erstsprache und – mittlerweile nicht mehr genutzt – Russisch als Zweitsprache zum Lektorieren gekommen.“ Kollegin Petra Schwaiger – ebenfalls Heute – berichtet Ähnliches: „Ich habe ein abgeschlossenes Übersetzerstudium und auch lange Zeit als Übersetzerin gearbeitet. Als solche musste ich mich unmittelbar nach Inkrafttreten der Rechtschreibreform mit dieser auseinandersetzen. Dadurch tat sich natürlich ein gewaltiger Markt für das Lektorat auf.“
Die „Lektoren-Landschaft“ in Österreich ist mittlerweile offensichtlich vom Aussterben bedroht. So überrascht es, dass zum Beispiel die APA (Austria Presse Agentur) keinen einzigen Vertreter dieses Standes beschäftigt. „Wir gehen bei jeder Meldung nach dem Vier-Augen-Prinzip vor“, erklärt APA-Sprecherin Petra Haller. Das größte Kontingent findet sich dagegen beim „rosa Blatt“. Hier scheinen Lektoren tatsächlich noch zum „Standard“ zu gehören. Elf Personen finden sich dort. Sieben davon sind im täglichen Einsatz, außer Samstag. Korrigiert wird auch online. Bei der Presse werken sieben Teilzeit-Lektorinnen im Haus. Für diverse Magazine stehen weitere fünf Lektoren auf Abruf zur Verfügung. Online wird nur teilweise lektoriert. Heute splittet und setzt sechs freiberufliche Korrektoren für die Print-Tageszeitung ein. Drei „werken“ für den Online-Betrieb. Thomas Unger (Der Standard) sieht den Berufszweig als nicht gefährdet an: „Das Korrektorat ist die Qualitätssicherung im Betrieb. Ohne uns wird die Zeitung zum Montagsauto.
Einen Ersatz durch Rechtschreibprogramme kann ich mir nicht vorstellen, weil die Korrektoren bei uns deutlich mehr tun, als nur Tippfehler zu korrigieren.“

Von Wolfgang Ilkerl

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