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Gute Nacht Totzauer?

Lisa Totzauers Bewerbung als ORF-Generaldirektorin kommt überraschend. Chancen werden ihre keine eingeräumt. „Warum“ lesen Sie freilich nur hier.
© Archiv

Der erste Teil meines diesmaligen EDitorials stammt nicht aus meiner Feder. Wenn der eine oder andere freilich einwenden mag: „Aber das ist doch Ihr Schreibstil, Herr Mucha“, dann ist das richtig. Die Inhalte stammen nicht von mir, stilistisch wurde der Beitrag freilich korrigiert. Und – alle Fakten dafür hat „Telekratius“ geliefert.

Für all jene, die es im Lauf der Jahre noch nicht mitbekommen haben: Unter Telekratius schreibt eine branchenbekannte, höchst einflussreiche Persönlichkeit, die über Informationen von ganz oben verfügt. Sie ist fantastisch vernetzt. Doch Telekratius möchte – aus verständlichen Gründen – nicht, dass sein Name genannt wird. Als Gegenleistung für die Überlassung außergewöhnlicher Inhalte hat er von uns die Zusicherung bekommen, dass wir seine Identität via Redaktionsgeheimnis bedeckt halten. Und sein wahres „Selbst“ auch unter dem dritten mittelalterlichen Grad der Tortur niemals preisgeben werden. Sohin: Gute Erhellung bei den folgenden Zeilen. Übrigens: Ob Telekratius richtig liegt, wissen wir alle spätestens in wenigen Tagen nach Erscheinen dieser Ausgabe, wenn am 10. August die ORF-Generaldirektoren-Wahl über die Bühne geht…

* * *

„Chancenlos“. Das ist ein Begriff, der üblicherweise bei Bewerbern für die ORF-GI-Wahl nur äußerst ungern in Medien verwendet wird. Aus gutem Grund: Denn in der Vor-Wrabetz-Ära gab es schon oft genug unerwartete Besetzungs-Überraschungen. Nach der Bewerbung von Totzauer ist man da besonders vorsichtig. Gilt sie doch als ÖVP-vernetzt. Und wird dem bürgerlichen Lager zugerechnet.

Als die vermeintlich mächtige ORF 1-Channelmanagerin via Twitter-Account jüngst ihre Bewerbung öffentlich machte, wurde das breit medial gefeatured. Nach Amtsinhaber Dr. Alexander Wrabetz ist sie sohin die erste offizielle Gegenkandidatin.

Weißmann – Vize-Finanzdirektor des ORF, Chef-Producer und Geschäftsführer der ORF-Online-Tochter – hält sich bis dato für die Wahl, die am 10. August im Stiftungsrat abgesegnet wird, noch bedeckt.

Warum die Medien das, was hinter vorgehaltener Hand in der Politik und bei Insidern kursiert, nicht thematisieren, hat mehrere Gründe:

Zum einen sagt man Totzauer eine Freundschaft zur mächtigsten ÖVP-Lady, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, nach. Zum anderen bekleidet sie einen der wichtigsten Jobs im ORF (und wer will sich‘s schon mit ihr verscherzen, wenn sie es dann wirklich werden sollte). Und zum Dritten kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass sich üblicherweise nur jemand bewirbt, der sich selbst gute Chancen ausrechnet.

Diesbezüglich greift ein ehernes Gesetz auf dem Küniglberg: Wer gegen den Amtsinhaber antritt, der verlässt als Verlierer den ORF. Zwar ohne Schimpf und Schande, aber konsequent. Das kann man bei diversen Vorgängern aus der Vergangenheit so nachlesen. Generalintendant Gerhard Weis musste seinen Sessel ebenso schnell räumen wie Richard Grasl nach der letzten Wahl.

Demnach muss Totzauer sich ihrer Sache wohl einigermaßen sicher sein, wenn sie sich bewirbt. Denn wenn das schief geht, dann ist sie ihren Job los, schlussfolgerte man wohl  in den Medienredaktionen hierzulande.

Doch in Wahrheit hat Totzauer keine Chance. Und so etwas lesen Sie nur im ExtraDienst. Denn sie ist definitiv nicht die offizielle Kandidatin der ÖVP. Und das macht die Sache faktisch unmöglich. Wie gut Informierte wissen, steht sie zwar mit Mikl-Leitner gut, deren Stimme dürfte sie freilich aber nicht bekommen. Und auch viele andere mächtige Landesfürsten halten sich bedeckt. Kurz – der davon in New York erfuhr – ist garantiert nicht besonders „amused“, wenn sich da jemand als bürgerliche Kandidatin selbst ins Gespräch bringt und in Wahrheit nicht mit dem offiziellen Segen der „Familie“ ausgestattet ist.

Und wenn dann Weißmann sich auch noch offiziell bewirbt, dann gäbe es plötzlich zwei bürgerliche Kandidaten.

Was Totzauer in ihrem emotionalen Twitter-Memento  –nach dem Motto: „Ich bin für euch alle da…der ORF gehört allen… ich weiß, wie das Geschäft läuft…“ – von sich gibt, hat einen ordentlichen Haken:

90 % der 20 (in Worten: zwanzig) ORF 1-Sendungsformate der Totzauer-Jahre performen nicht. Oder sind schon wieder abgesetzt worden. Mangels Erfolg. Mangels Reichweite. Mangels Publikumsinteresse.

Zu allem Überdruss kündigte sie Anfang Dezember 2020 an, „Gute Nacht Österreich“ mit Peter Klien aus dem Programm zu kippen.

Was ihr als ungeschickte ÖVP-Auftragsarbeit ausgelegt wurde. Und alles andere als gut ankam. Denn Klien gilt als Stachel im Fleisch der türkisen Familie und hat diverse Male denen humoristisch eine drübergezogen. Die Aktion war kein Ruhmesblatt für die Channelmanagerin – PR-technisch auch äußerst ungeschickt und via KURIER ziemlich hilflos transportiert. So etwas fällt auf, erhitzt die Gemüter und sägt am eigenen Image.

Noch dazu wurde sie von der Mitwirkung am ORF-Sport ausgeschlossen. Da man ihr eine falsche Sportrechte-Strategie vorwarf. Auch die Show-Planung des ORF („Dancing Stars“ und „Starmania“) wurde ihr entzogen. So wie die Mitwirkung an der Film- und Serienproduktion.

Das wichtigste und politisch heikelste Thema, die „Information“, wurde ihr schon davor weggenommen, da die Formate am Publikum vorbeiproduziert wurden. So munkelt man, dass Schlüsselmitarbeiter der teilweise erfolgreichen DOK-Eins Formate nur mehr weg von ORF 1 wollen. Wer all dies weiß, dem ist klar, dass sie unter jeder neuen Geschäftsführung auf einen wenig relevanten Posten weggelobt werden würde…weshalb sie wohl die „Flucht“ nach vorne angetreten hat.

Doch – Totzauer ist nicht unclever. Denn sie spekuliert offenkundig damit, dass das Prinzip „Bewerben – scheitern – weg vom ORF“ bei ihr deshalb nicht greifen mag, weil sich jeder neue Generalintendant bekannterweise extrem schwer tut, die geforderte Frauenquote zu erfüllen.

Also könnte sie logischerweise vielleicht doch noch damit rechnen, dass sich auch bei einem Scheitern noch ein gutes „Platzerl“ beim größten heimischen Medienunternehmen für sie findet.

Totzauer, die als eher spröde beschrieben wird, hat die ihr gegebene Chance im ORF wohl nicht oder nur unzulänglich genutzt: Mit – am Wrabetz-Ego gemessen – wohl ungewöhnlich vielen Vollmachten bei ihrem Amtsantritt ausgestattet, erhielt sie zum Start ihrer Arbeit Basiskonzepte für ihr Engagement. Doch die verwarf sie zum Großteil. Und ersetzte sie durch eigene Ansätze. Auch bei der Umsetzung gewährte man ihr – völlig unüblich – weitgehend freie Hand. Das Ergebnis – siehe oben.

Für Wrabetz bedeutet das nicht mehr oder weniger, als dass bei einer Bewerbung von Weißmann seine Chancen noch einmal steigen. Wenn etwa die ÖVP-Stimmen aufgeteilt werden.

Es sei denn, die ÖVP zaubert noch einen Überraschungskandidaten aus dem Hut und steht geschlossen hinter dem.

Denn eines ist klar: Diese Übung wird für den amtierenden General schwieriger als bei den letzten Malen. Weil erstmals der ÖVP im Stiftungsrat von 35 Stimmen die Mehrheit, sprich 18 Stimmen, zugerechnet werden. So blicken alle gespannt darauf, wie sich der „Freundeskreis“ der türkisen Stiftungsräte entscheiden wird.

Totzauer kündigte Transparenz der Amtsführung an. Bitten um Details ihres Konzepts blieb sie lange Zeit schuldig.

Und wie ist Totzauer sonst vernetzt? Nun, nicht besonders. Wenigstens hat der grüne Stiftungsrat Lothar Lockl ihre Bewerbung begrüßt…

* * *

Noch ein kleines Schmankerl zum Schluss: Am Montag, dem 19.7., war SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried zu Gast im Ö1-Morgenjournal. Fein, dass die dortigen Moderatoren gelegentlich ihr Innerstes nach außen kehren und ihr „wahres Gesicht“ zeigen. Leichtfried am Schluss des Interviews: „Wir werden das so lange tun, bis wir wieder ein lebenswertes Österreich haben…“ Was von Ö1-Redakteurin Agathe Zupan ergänzt wird mit: „Und auch wiedergewählt werden, nehme ich an…“ Darauf er: „Und natürlich wieder gewählt werden, und in größerem Ausmaß wieder gewählt werden.“ Was dazu Zupan sagt, ist schier ungeheuerlich. Die meint wortwörtlich: „Dann halte ich Ihnen… sozusagen… die Daumen.“

Tja, das sind die Momente, in denen einiges klar wird. Übrigens: Bei Ö1 qualifiziert man die Unterstützungserklärung mit dem Begriff „ironisch gemeint“. Tja, das bestätigt die alte Weisheit, dass Ironie im Radio nicht funktioniert. Und schon gar nicht in einer Informationssendung.

Einen schönen Sommer wünscht Ihnen

Ihr

Christian W. Mucha

Herausgeber

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