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funk-Geschäftsführer Schild setzt auf junge Menschen

Content-Netzwerk von ARD und ZDF erfreut sich bei 14- bis 29-Jährigen großer Bekanntheit
© Unsplash

Das öffentlich-rechtliche Online-Only-Angebot von ARD und ZDF kommt in Deutschland auch bei jungen Menschen gut an

ARD und ZDF starteten 2016 ihr Content-Netzwerk. Seitdem hat sich die Zielgruppe der Sender ausgebaut. Mit Erfolg sprechen die öffentlich-rechtlichen Medien 14- bis 29- Jährige an. Das heißt, was dem ORF gesetzlich verwehrt ist, setzt funk munter um: Online-Only-Angebote.
Ein “totaler Gamechanger” für die Ansprache junger Zielgruppen sei demnach, Inhalte zielgruppenkonform für Social Media zu entwickeln, sagte funk-Programmgeschäftsführer Philipp Schild im APA-Gespräch. Auch Interaktivität sei wichtig, um jüngere Personen mit öffentlich-rechtlichen Inhalten zu erreichen.

Fast 90 Prozent kennen funk-Formate

Eine im Mai veröffentlichte Onlinebefragung zeigte, dass 86 Prozent der 14- bis 29-Jährigen in Deutschland funk oder mindestens ein funk-Format kennen. 76 Prozent kamen mit Inhalten in Kontakt.  “Junge Zielgruppen sind alles andere als verloren oder uninteressiert an gesellschaftlichen Werten und Zusammenhalt. Sie sind auch nicht unerreichbar für öffentlich-rechtliche Medienhäuser. Wir genießen in weiten Teilen unserer Zielgruppe großes Vertrauen”, sagte Schild. Zurückzuführen ist das etwa auf die gesetzlich vorgeschriebene Interaktivität. “Wir entwickeln ‘funk’ gemeinsam mit unseren Zielgruppen weiter.” Das werde mittlerweile auch erwartet. “funk lebt auch dadurch, dass Menschen in den Communitys zum Ausdruck bringen, was ihre Bedürfnisse sind. Dafür haben wir sehr niederschwellige Zugänge geschaffen”, erklärte Schild, der seit November 2020 die Programmgeschäftsführung inne hat.

Rund 45 Millionen Euro Budget

Die werbefreien Inhalte von funk entstehen in den Redaktionen von ARD und ZDF sowie in Zusammenarbeit mit Produzenten, Newcomern und etablierten Köpfen der Webvideoszene. Den Medienschaffenden stehen 2022 aufgrund des deutschen Rundfunkbeitrags 45 Mio. Euro zur Verfügung. Geboten bekommt man dafür etwa “Duschgedanken” von Levi Steudler, der über Probleme spricht, die viele junge Menschen beschäftigen. Im “Kreuzverhör” stellen sich Politikerinnen und Politiker Fragen, deren Antworten unter 30-Jährige interessieren sollen. Auch “maiLab” von Mai Thi Nguyen-Kim, die Wissenschaft verständlich aufbereitet und auf Youtube mehr als eine Million Abonnenten zählt, wird von funk produziert. Ein TikTok-Schwerpunkt klärt über dort grassierende gefährliche Challenges auf der chinesischen Plattform auf.

Social- Media- Präsenz

Die Formate von funk sind allerdings nicht nur auf funk.net und in den Mediatheken von ARD und ZDF zu finden. Viele der Klicks generiert das Netzwerk auch durch Präsenz auf YouTube, Instagram, TikTok und Co. “Die Möglichkeit, Inhalte zielgruppenkonform für Social Media zu entwickeln, ist ein totaler Gamechanger – und könnte es auch für den ORF sein. Junge Personen haben die Vorteile von Social Media kennengelernt und werden sich von diesen Plattformen nicht mehr abwenden. Es stellt sich die Frage, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk junge Zielgruppen erreichen soll, wenn man nicht genau auf sie zugeschnittene Angebote distribuieren darf”, meinte Schild mit Blick auf die Situation in Österreich. Hierzulande wird dem ORF verwehrt ein Online-Only sowie Online-First-Angebot bereitzustellen. Daher fordert das öffentlich-rechtliche Medienhaus seit langem eine Novelle des ORF-Gesetzes um speziell bei Jüngeren reüssieren zu können.

Laut Schild wird funk im gesamten deutschsprachigen Raum genutzt.  “Daraus kann man ableiten, dass ein vergleichbares Angebot aufgrund von fehlenden gesetzlichen Grundlagen für junge Zielgruppen in Österreich fehlt.” Im linearen Fernseh- oder Radioprogramm würde funk nicht funktionieren. “Wir würden es nicht schaffen, die Interaktion mit den Zielgruppen zu gewährleisten. Das ist aber eine Grundvoraussetzung”, sagte der Mittvierziger.

KI-basiertes Analyse-Tool

Personen im unteren Bereich des Zielgruppenspektrums zu erreichen, ist für funk eine ständige Herausforderung. “Teilweise sind unsere Zielgruppen mit den Formaten mitgealtert und wachsen langsam aus der ‘funk’-Zielgruppe heraus”, so Schild. Die Chance bestehe, diese Marken bei Fernsehsendern oder in Mediatheken außerhalb von funk weiterzuführen. “Dadurch werden bei uns Ressourcen frei, neue Zielgruppen zu erschließen”, erklärte der Programmchef und betonte, auf starke Formatmarken zu setzen, die “sehr spezifisch einen Teil der Zielgruppe ansprechen”.

Man setze zum Erkennen, wie diverse Beiträge ankommen, auf u.a. ein KI-basiertes Analyse-Tool, das Stimmungen in den Kommentaren maschinell erkennt. Unsere Vorhersagegenauigkeit, ob ein Kommentar positiv, negativ oder neutral ist, liegt bei rund 90 Prozent”, so Schild. Nützlich sei das etwa, um Shitstorms frühzeitig zu erkennen oder auch festzustellen, welche Themen für das junge Zielpublikum relevant ist. Auch Algorithmen steht der ausgebildete Videojournalist offen gegenüber. “Dürfen wir so arrogant sein und sagen, das, was die Leute wollen, interessiert uns nicht und Algorithmen sind böse? Ich glaube nein. Wenn man Algorithmen gut versteht, dann bieten sie auch Chancen. Wir sind in der Lage, Plattformmechaniken zu nutzen und eine User-Reise zu gestalten. Im Vorjahr kam es rund 1,6 Millionen Mal vor, dass ausgehend von Videos, die im Unterhaltungssegment angesiedelt sind, eine Verlinkung zu einem Informations- oder Orientierungsangebot angeklickt wurde.”

Wer rastet, der rostet

Prinzipiell befinde man sich in einem stark in Bewegung befindlichen Umfeld. “Meine Überzeugung ist: Man muss sich permanent neu erfinden. Auch bei ‘funk’ wissen wir nicht, wie unser Laden in vier Jahren aussehen wird, weil wir nicht wissen, ob dann schon die nächste revolutionäre Social-Media-Plattform existiert, die das Mediennutzungsverhalten der jüngsten Zielgruppe auf den Kopf stellt.” Auch wenn sich das Content-Netzwerk nach sechs Jahren mittlerweile nicht mehr in den Kinderschuhen befinde, stellte Schild fest: “‘funk’ ist niemals fertig.”

 

APA/ Red.

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