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D-ORF – Tratsch

Die anstehenden ORF-Besetzungen werfen ihre Schatten voraus.

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©Archiv

Man könnte meinen, es wäre camouflierende Absicht gewesen: Die heuer wichtigste Medien- (politische) Entscheidung des Landes just in die Sauregurkenzeit zu verlagern. Ins sogenannte Sommerloch. Das von so manchen im heurigen Jahr als „Orfloch“ bezeichnet wurde.

Viele hatten auf Alexander Wrabetz gewettet. Den Mann mit den Steherqualitäten. Ein Taktierer, der gerne behält, was er verspricht. Nur all zu oft.

Dann brachte sich Lisa Totzauer ins Spiel. Die ORF1 Channel Managerin setzte sich frech auf ein ÖVP-Ticket, das freilich von der Partei nicht abgesegnet war. Und scheiterte kläglich.

Kanzler Kurz, der von ihrer Bewerbung in New York erfuhr, soll alles andere als „amused“ gewesen sein, dass sich da eine mit türkisen Federn schmückt. Und in Wahrheit keinen sanctus sanctissimus der Partei dafür hat.

Totzauer wähnte sich sicher. Denn wenn man eine Frau ist und beim ORF in einer maßgeblichen Management-Position sitzt, dann kann man sich schon ziemlich im „Leo“ fühlen. Denn eines muss man im ORF in jedem Fall: Viele Führungspositionen mit Frauen besetzten. Und die sind bekanntlich eine rare Spezies, wenn es um Ausbildung, Erfahrung und Managementqualitäten geht. Und zwar nicht deshalb, weil sie es nicht können. Sondern weil man sie einfach jahrzehntelang nicht an den Kuchen ließ.

Totzauer hoffte also auf Stimmen der Stiftungsräte.

24 Votes für einen Erdrutschsieg

Doch dann kristallisierte sich im Vorfeld der Wahl heraus, dass der vierte Anlauf von Wrabetz, der diesbezüglich den ORF-Rekord mit drei absolvierten Amtsperioden hält, keine „gmahde Wiesn“ sein wird. Denn erstmals seit längerem hat die ÖVP mit 18 Stimmen die Majorität im Stiftungsrat. Und der entscheidet über die Bestellung des GI´s.

Was kaum einer im Frühjahr des Jahres angenommen hatte wurde wahr: Wrabetz scheiterte. Der neue Chef-Organist Roland Weißmann als etablierter, langjähriger ORF-Mitarbeiter (Weißmann werkt bereits seit 25 Jahren im ORF und verantwortet als Chef der gesamten TV-Produktionen über 300 Millionen Programmbudget) war erklärter Kandidat der Türkisen. Wie die Geschichte ausging, wissen wir alle:

Weißmann holte sich nicht nur die notwendigen 18 Stimmen, sondern konnte mit 24 Votes einen Erdrutschsieg verbuchen. Und punktete gar bei drei Fraktionen. Selbst Stiftungsratvorsitzender Norbert Steger, der der FPÖ zugerechnet wird, gab dem designierten Neo-General seine Stimme.

Man möchte meinen, dass Wrabetz die Sache sportlich genommen hätte. Doch der Mann verliert nicht gerne. Die Attacken im finalen Wahlkampf waren ganz schön heftig. Wrabetz, der persönliche Streicheleinheiten für seinen schärfsten Widersacher „spendete“, sprach dem im gleichen Atemzug unverfroren die erforderlichen Managerqualitäten ab. Ein Schlagabtausch mit dem mächtigen, die ÖVP-Message-Control souverän exekutierenden Gerald Fleischmann eskalierte.

Fleischmann hielt sich raus. Und bedeckt. Wrabetz signalisierte Revanche. Und jetzt wird die Sache spannend: Da der amtierende ORF-General bis 31. 12 in Amt und Würden ist, und bis dahin auch viele maßgebliche und weichenstellende – vor allem Personalentscheidungen –treffen kann, hatte die ÖVP angesichts der Weißmann-Übernahme ein veritables Problem: Denn wenn Wrabetz – der Sozialdemokratie zugeneigt, freilich um Ausgleich bemüht – noch bis zu seinem Ultimo entscheidende Positionen im ORF mit „nicht-genehmen“ Kandidaten besetzt, dann hätte dies langfristige Auswirkungen auf die gewünschte „Neuorientierung“ der ORF.

Die von der wutschnaubenden Opposition hingegen als „Umfärbung“ des Küniglbergs gesehen wird.

Es geht ans Eingemachte

Aus der ÖVP-Parteizentrale tönte es sohin in Sachen angedrohter Alleingänge von Wrabetz in seiner Restamtszeit, dass man versuchen werde, ihn über den Stiftungsrat auszubremsen. Doch das ist gar nicht so einfach wie angenommen. Der Stiftungsrat hat nämlich keine wie immer geartete Möglichkeit, in das laufende operative Geschäft einzugreifen. Und Wrabetz weiß das. Ganz genau.

Dieser Tage nun geht es ans Eingemachte. Und wie ExtraDienst exklusiv recherchieren konnte, haben sich die Widersacher – der Bisherige und der Künftige – einigermaßen arrangiert. Wrabetz, der bis zuletzt darunter litt, dass der allesentscheidende in Kurz´scher Mission dirigierende ÖVP-Medienguru Fleischmann das Gespräch mit ihm strikt verweigerte (wie ExtraDienst weiß, haben die beiden nur über Vermittler kommuniziert), hat sich mittlerweile dreingefügt. Und die Neubesetzungen werden mit „dem Neuen“ akkordiert.

Der hat seine Sache klug gemacht. Denn Faktum ist: Weißmann hat kein Parteibuch. Er wird zwar der konservativen Sache zugeordnet, ist freilich nicht festnagelbar.

Und er hat ein deutliches Bekenntnis zu einem unabhängigen, fairen, journalistischen Grundsätzen folgenden ORF abgegeben. Schließlich – er hat Mut bewiesen.

Und – sich in die Höhle des Löwen gewagt. Sein Interview mit Armin Wolf zeigt durchaus, dass der Mann mehr Kraft und Qualitäten hat, als ihm so mancher zugetraut hätte.

Das Wolf-Interview verlief dann einigermaßen erwartungsgemäß. Nur den wichtigsten Satz im gesamten Interview haben die meisten überhört. Als Weißmann on air tönte, die Tatsache, dass er Wolf gegenübersäße, sei doch der beste Beweis dafür, dass er offen für kritischen Disput sei, ging das an allzu vielen vorbei.

Der Star-Moderator mit 493.832 Followern auf Twitter und damit sozial bestvernetzter ORFler zeige, wie man aus seinem Umfeld hört, freilich erste Wirkung. So wie auch andere in der Kollegenschar. Scherzhafte Anmerkungen, er möge darüber nachdenken, was die Kombination aus „Fleischmann“ und „Wolf“ für seine Zukunft bedeutete (Achtung: Sickerwitz) kursierten in den „rechten“ Foren.

Skype-Fall

Inzwischen stellten sich die Schleimer, Einweimpler und Ihr-Fähnchen-Nach-Dem-Wind-Richter schlangenweise vor dem Weißmann-Büro an. Man weiß ja nie, wie die eigene Zukunft aussieht.

Die dürfte sich Totzauer selbstordentlich verpatzt haben. Denn in letzter Sekunde kursierte ein Skype-Screenshot-Dokument, das zeigte, dass sich die türkise Freundesrunde noch im März abgesprochen hatte. Pech für Totzauer: In der Branche ist bekannt, wer dieses Dokument lanciert hat. Und die Spur führt direkt ins Büro der ORF1-Channel Managerin. Kein gutes Omen für künftige Tätigkeitsfelder einer Frau, die hoch gepokert hat. Weit wird sie da künftig wohl nicht mehr hüpfen beim ORF. Noch eine kleine Anmerkung dazu: Totzauer selbst nahm an der Freundesrunde auch immer wieder teil. Hielt dort sogar einen Vortrag.

Die ORF-Schlacht um Wien

Mittlerweile ist man beim Besetzungs-Ringelspiel gelandet. Dieser Tage werden die Landesdirektoren neu besetzt (Am 12. August gab es dazu die entsprechende Ausschreibung. Bis 9. September können sich Anwärter noch bewerben).

ExtraDienst kann diesbezüglich mit einer ganzen Reihe von Exklusiv-Informationen aufwarten: Ganz besonders heftig wird die Schlacht um Wien. Für den Landesdirektor dort bewerben sich ORF3-Geschäftsführer Peter Schöber, ORF-Radio-Innenpolitikchef Edgar Weinzettl und – Überraschung – die jetzige Programmdirektorin Kathrin Zechner. Zechner, der schon immer gute Kontakte zu gewissen Kreisen der Sozialdemokratie nachgesagt wurden, hatte ein anderes Angebot ausgeschlagen. Sehr zur Überraschung von ORF-Insidern: Sie war nämlich als Landesdirektorin für Tirol vorgesehen. Doch Zechner winkte ab. Wien läge ihr da näher.

Wiewohl Führungskräfte Kommentare zu diesem Thema meiden, wie der Teufel das Weihwasser, weiß ExtraDienst eines ganz genau: Die Wahrscheinlichkeit, dass Zechner wieder Programmchefin wird, tendiert zu Null. Im ORF-internen Wettbüro, wo auf künftige Jobs gesetzt werden kann, wird mittlerweile eine Quote von 76:1 dafür ausbezahlt, dass die Frau mit dem „starken Auftreten“ die Position der Programmdirektorin nach Auslaufen ihres Vertragens behält. „Definitiv nicht“, verriet ein hoher Politik-Insider dem ExtraDienst. Man wolle sie wegloben. Aber – doch auf eine veritable Position. Schließlich habe sie „Meriten“. Gemeint ist damit wohl die Tatsache, dass sie uns den „schaß“ Eurovisionscontest mit Conchita Wurst ins Land geholt hat. Ein Jahrhundertereignis nach dem seinerzeitigen Glanzlicht Udo Jürgens.

Ob die neue Führungsspitze damit glücklich wäre, wenn Zechner Wien übernähme? Unter der Hand erfuhr ExtraDienst, dass Wien medienpolitisch als „nicht ganz so wichtig“ angesehen wird, wie man das vermuten könnte. Der Einfluss der Landesstudios sei doch geringer geworden in den letzten Jahren. Der Zugriff der Landeshauptleute und politischen Machthaber der Länder auf „ihre“ Regionalstudios habe heutzutage nur mehr eine geringere politische Auswirkung. Was sich mit den Veränderungen der Medienstrukturen erklären lässt. Frag sich nur, ob das die Landeshauptleute auch so sehen….

Man könne also damit leben, wenn Zechner dort zum Zug käme. Glücklich freilich sei man nicht darüber. Mal sehen, wie der Wiener Bürgermeister entscheidet.

Noch eine kleine Anmerkung zu Schöber: Der gilt in Wien als rot, in Niederösterreich als schwarz und während der ÖVP/FPÖ-Koalition bescherte er den Blauen einen fetten TV-Beitrag… Vielleicht sind das gute Voraussetzungen.

Keine leichte Entscheidung

In Wien freilich könnte noch ein anderer Überraschungskandidat in den letzten Minuten auf die Bewerbungsliste hüpfen: Martin Biedermann, langgedienter, erfolgreicher ORF-Marketing- und Kommunikationschef und Geschäftsführer der ORF-Tochter OMC, soll, so tönt es aus gut informierten Kreisen, mit dem Gedanken spielen, in die Wiener Landesdirektion zu wechseln. Biedermann ist ein Spitzenmann.

Aber er hat mit einem Problem zu kämpfen, für das er nichts kann: Dem Vernehmen nach schätzt ihn der neue General. Und würde ihn gerne weiterhin mit den Marketingagenden betrauen.  Freilich steht zu erwarten, dass man als persönlichen Pressesprecher nicht einen halten mag, der nicht eindeutig dem eignen politischen Überzeugungsmuster folgt. Für Weißmann könnte sich da eine Frage eröffnen. Würde Kanzler Kurz jemanden, der nicht eindeutig der „türkisen Familie“ zuordenbar ist, als seinen persönlichen Pressesprecher wählen? Die Antwort darauf lautet: Njet.

Was Biedermann´s Chancen, den Pressesprecherjob zu behalten, einigermaßen reduziert. Das Handicap für den Marketingdirektor: bleibt er in seiner Position, dann wird seine Funktion wohl um einen wesentlichen Bereich reduziert und damit ein Eck von seinem Einfluss wegbrechen.

Was aber von Weißmann dadurch ausgeglichen werden könnte, dass er Biedermann´s Budget, seine Kompetenz (-> Radius) und den Bereich Promotion aufwertet. Diesbezüglich ist alles in Schwebe.

Zu Redaktionsschluss war eine Bewerbung Biedermann´s noch nicht auf dem Weg.

Andersrum: hält ihn Weißmann, dann ist das ein starkes Indiz für dessen Großherzigkeit. Keine leichte Entscheidung.

Aber auch in den anderen Landesstudios geht´s einigermaßen zur Sache. Kärnten (mit Landhauptmann Peter Kaiser, rot) ist schon seit längerem in den erfolgreichen Händen der Landesdirektorin Karin Bernhard. Sie wird wohl weiterhin bestellt werden. Siehe oben: Als Frau und qualifiziert – da bleibst du in Amt und Würden. Der Technische Direktor der ORF Michael Götzhaber, der zwischenzeitlich sein Interesse an dieser Position bekundet hatte, hat mittlerweile zurückgezogen. Würde gerne die technische Direktion weiterbehalten. Ob er das schafft?

Auch im Burgenland gibt´s Diskussionen. Der amtierende Landesdirektor Werner Herics matched mit Chefredakteur Peter Schneeberger, wobei beide dem roten Lager zugeordnet werden.

Insidern zur Folge, stehen hier die Wetten für Herics bei 4:1.

Wrabetz mit Top-Angeboten aus der Branche

Und was wird Wrabetz machen? Diesbezüglich brodelt es detto in der Gerüchteküche des ORF. Dem Vernehmen nach hätte der ORF-General über einen Mittelsmann die Präsidentschaft der Salzburger Festspiele nach dem Ausscheiden von Helga Rabl-Stadler angeboten bekommen. Als Abgeltung dafür, friedlich und friktionsfrei der Auseinandersetzung mit Weißmann aus dem Weg zu gehen. Doch der Deal scheiterte. Wrabetz will nicht nach Salzburg. Wobei dort von den ÖVP-Granden sogar das Problem umschifft worden wäre, dass Landeshauptmann Wilfried Haslauer sich für diese ehrenvolle und international hoch reputative Aufgabe angeboten hätte.  Wie man hört, soll mit Haslauer jetzt ein Termin für die Halbscheid einer weiteren Legislaturperiode als Landeshauptmann gefunden werden. Für den Salzburger Festspiele-Job sind andere im Gespräch.

Wrabetz freilich will, wie ExtraDienst in Erfahrung bringen konnte, weiterhin in maßgeblichen Funktionen im Medienbereich tätig sein. Und es denen, die ihn in Österreich abgesägt haben, noch einmal ordentlich zeigen (schließlich ist er erst 61 Jahre alt).

Und da bieten sich drei höchst interessante Felder an: Zum einen dir EBU (European Broadcasting Union), der Dachverband der Fernsehsender. Man hört, dass Wrabetz ein Job als Präsident dort durchaus gut zu Gesicht stünde (im Moment ist Delphine Ernotte, von France-Télévisions, Präsidentin dieses 1950 gegründeten Vereins mit Sitz in Genf, dessen Ziel es ist ein Netzwerk zum Austausch von Nachrichtenfilmen aufzubauen. Aktuell hat die EBU 72 Vollmitglieder).

Wie ein Insider ExtraDienst verriet, hat just die ORF-Rechtsabteilung dieser Tage geprüft, ob dies möglich ist. Und kam zu einem erstaunlichen Schluss: Nur ein amtierender, in Amt und Würden regierender Generaldirektor einer Fernsehstation darf diese Position bekleiden. Freilich ist den Juristen (manchmal denken die ziemlich kurz) womöglich ein entscheidender Denkfehler unterlaufen: Denn bis zum 31.12 ist Wrabetz noch amtierender Generaldirektor eines TV-Unternehmens. Sollte er also davor bestellt werden – was wäre das Problem? Und wie sieht das juristisch aus? Durchaus spannende Fragen, die da im Noch-Chefbüro des ORF dieser Tage gewälzt werden.

Wie ExtraDienst weiters exklusiv zugespielt wurde, gibt es eine Reihe von interessanten Top-Angeboten von Spitzen-TV-Sendern aus deutschen Landen. So weiß man, dass die RTL-Gruppe dieser Tage einiges an Problemen hat (!!!), was vor allem diverse äußerst beliebte, reichweitenstarke und werbeintensive Sendungsformate betrifft: Insider meinen, dass die rigide Abberufen von Dieter Bohlen als DSDS-Mastermind und Pop-Gigant nicht unbedingt die beste Entscheidung war. Und auch die Bachelorette, die von den paarungswilligen Partnerschaftskandidaten reihenweise links liegen gelassen wird, zählt nicht gerade zu den Meisterleistungen im Trash-TV-Bereich. Dazu hat man personelle Sorgen, Managementprobleme, einen massiven Umsturz im Führungsteam durchstehen mussten und die eigene Generalausrichtung auf „politisch korrekt“ abgeändert. Nicht unbedingt ein weiser Schritt, wenn man um den beinharten maximal-brutalen Kampf um Reichweiten insbesondere im Trash-Bereich Bescheid weiß. Dass RTL (siehe Gerhard Zeiler = Sozialdemokrat) eher links einzuordnen ist, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Da passt Wrabetz auch farblich …

Oder kommt Wrabetz gar bei der eher konservativen ProSiebenSat1-Gruppe zum Zug?

Viele heiße Entscheidung also, die dieser Tage und Wochen ins Haus stehen. Und – die wenigsten Informationen dazu werden wohl nach außen dringen. Aber: Da gibt es doch diesen ExtraDienst. Und da weiß man´s. Und schreibt man´s.

Also – bleiben Sie bitte dran,

Herzlichst

Ihr

Telekratius

 

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