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O-JEH-BB

Der neue unjunge und matte Spot der Österreichischen Bundesbahnen ist grün vor Leid.

OEBB außen
Screenshot

Der jüngst im 91. Lebensjahr verwichene Lajos Ruff war ein begnadeter Schreiber, Formulierer und Kreateur von wunderbaren Texten. Man konnte von ihm unglaublich viel lernen. Einer der weisesten Ratschläge, die Ruff mir gegeben hat, war: Hüte dich vor der ersten Idee, die dir einfällt. Sie wird zu schlecht sein.

In Zeiten wie diesen sieht sich jedes Unternehmen hierzulande bemüßigt, zu zeigen, wie nachhaltig (Kannten wir diesen Begriff vor ein paar Jahren?/Heute missbraucht ihn jeder) zukunftsorientiert und „grün“ es ist.

Wobei langsam ein gewisser Gesinnungswandel eintritt. Was mit dem CO2-Fußabdruck der Bundesministerin Gewessler, der Grünen und der Hilflosigkeit, mit der die Klimaschutzpartei hierzulande nicht in der Lage ist, ihre Versprechen einzuhalten, zusammenhängen mag. Aber: Jeder Agenturchef, jeder Kreative, jeder Art Director, jeder Creative Director, der Aug in Aug bei der Präsentation beim Kunden sitzt, wird darauf hinweisen, wie wichtig es ist, nachhaltig zu vermitteln, wie grün das eigene Unternehmen ist.

Von dort bis zum Lied Cordula Grün ist es nurmehr ein kleiner hilfloser Hatscher. Cordula Grün – wir alle kennen das berühmte Lied von Josh. Und – diese „brillante“, oder sollte ich eher schreiben „hilflose“, Brücke wurde schonungslos über den Fluss der Information geschlagen. Die nächste Idee war dann noch großartiger: Lassen wir doch die ÖBB-Mitarbeiter und die ÖBB-Gäste Cordula Grün singen.

 

Das Kreuz mit dem Ton

Mir krampft es immer den Magen zusammen, wenn Menschen, die nicht singen können, ja, die echt falsch singen – nur, um die Volksverbundenheit zu dokumentieren – dazu genötigt werden, bekannte Songs zum Schlechten zu geben. Wenn man sich schon darauf einlässt, dann sollte man zumindest dafür sorgen, dass die alle in derselben Tonart singen. Dass man das so abmischt, dass vom Ohrwurm Cordula Grün wenigstens irgendetwas übrig bleibt. Und das Ganze nicht in eine kakophonische Gehörbelästigung ausartet. Sie mag ja durchaus sympathisch sein, die Lokomotivführerin, die da singt. Nur: Sie singt in einer anderen Tonart. Und die ganzen Amateure, deren hilflose Versuche, den Ohrwurm zu intonieren, den eigenen Wurmfortsatz verkümmern lassen, sind wahrscheinlich für alles geeignet. Aber sicher nicht zum Singen.

 

Ein Unternehmen, zwei Namen

Dabei sind wir Österreicher so ein sangesfreudiges Land. Wenn zwei Kärntner zusammensitzen, dann funktioniert bereits ein Chor. Sagt man jedenfalls. Warum zum Teufel haben es die ÖBB und ihre Agentur Jung von Matt es nicht geschafft, ein paar halbwegs vernünftig singende ÖBBler und ÖBB-Fahrgäste zum Mikrofon zu zerren?

Doch damit nicht genug. Es kommt noch schlimmer. Nämlich dann, wenn man sich vom Lied dahingehend beeinflussen lässt, dass sich halt der Begriff ÖBB nicht mehr ausgeht, sangesmäßig. Weil sonst das Lied zu holpern beginnt. Also singen die vereinten Atonal-Spatzen in einer Liedzeile O-E-BB. Um gleich danach in der nächsten Zeile ÖBB zu singen. Weil dort geht sich’s dann aus. Mir ist nicht klar, welcher Teufel die Kreativen und die, die für die Produktion verantwortlich sind, geritten hat: Sind das jetzt zwei verschiedene Unternehmen, die O-E-BB und die ÖBB? Übernausert der Seher das?

Alles in Allem – ein übles Machwerk unterirdischer Werbeunkultur, dass den Ohrenschmalz der Zuhörer zum Sieden bringt. Liebe ÖBB, diesbezüglich fahr ich nicht mit dir. Da nehm‘ ich lieber das Fahrrad nach Vorarlberg. Bevor ich mir den Gehör-Zug hole.

 

Christian W.Mucha

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