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Die Sommerbombe

Helmut Brandstätters neues Buch über Kurz und Kickl wird wohl der Sommerskandal 2019.
© Pixabay

Schon erstaunlich, wenn der Herausgeber und Chefredakteur der bürgerlichen Tageszeitung Kurier just zu Zeiten einer türkis-blauen Regierung, sprich dann, wenn die staatlichen Machthaber der Eigentümerschaft seiner Zeitung ganz besonders konvenieren, intern abgesägt und in die Herausgeber-Funktion weggelobt wird. Der Grund: Brandstätters „unbotmäßige“ Redaktionslinie, unzählige „regierungskritische“ Kommentare und das Zulassen von Berichterstattung, die – so ein namhafter Vertreter der Regierung – besser dem Falter oder der ZIB 2-Redaktion zu Gesicht stehen würden als dem bürgerlichen Kurier.

Dieser Tage geht’s nun ans Eingemachte. Wenn Brandstätter sein Buch „Kurz & Kickl –Ihr Spiel mit Macht und Angst“ auf den Markt bringt. In der Presseaussendung heißt es dort, einigermaßen sorgfältig formuliert:

„…war von Anfang an klar, dass die FPÖ den Staat von Grund auf verändern und Kurz vor allem formal an der Macht sein wollte. Herbert Kickl wollte dabei unbedingt Innenminister werden, um aus der Republik Österreich einen autoritären Staat zu machen. Und Sebastian Kurz und seine ÖVP schauten so lange zu, bis sie sich selbst von Kickl bedroht fühlten. Das Ibiza-Video war eine willkommene Gelegenheit, den Innenminister zu entlassen…“

Im Gespräch mit Brandstätter in seinem Urlaubsdomizil in Saint-Tropez zieht der Kurier-Herausgeber mir gegenüber dann vom Leder. Er, Brandstätter, gehe davon aus, dass der Bundespräsident Sachgründe dafür hatte (die freilich bis dato noch nie ausgesprochen wurden), warum er so strikt in Interviews äußerte, Kickl als Innenminister nicht mehr bestellen zu wollen. Brandstätter: „Er hat sowohl in der Polizei als auch im BVT eigene Projekte aufgesetzt und auch eigene Einheiten, die nur ihm hätten hörig sein sollen. Der entscheidende Punkt ist, dass Kickl von Anfang an geplant hat, dieses Land auf einen autoritären Weg zu bringen, abhängig von ihm und seinen Leuten. Und ich würde sagen, es hat sogar ausgesehen nach einer Art schleichendem Putsch. Es geht schön langsam; da sagt er einmal: ‚Die Politik steht über dem Recht.‘ Dann sagt er: ‚Ja, über die Journalisten wird auch noch recherchiert.‘ Dann werden Polizisten kaltgestellt, die Kickl nicht passen. Und dann werden andere Polizisten gefördert, die zu ihm loyal sind. Das war das Problem, und das hat Kurz gemerkt. Kurz hat in seinem Machtdrang und in seinem unbändigen Machtwillen gedacht: ‚Ich mach das auf jeden Fall mit der FPÖ.‘ Und hat völlig übersehen, dass er den wichtigsten Geheimdienst, den Verfassungsdienst, das BVT, nicht der FPÖ und Kickl überlässt. Und es war ja Gert-René Polli, der frühere BVT-General und ÖVP-Berater, der gesagt hat: ‚Der Ausschuss im Parlament tanzt auf der Asche des BVT.‘ Das heißt, Kickl hat alles dafür getan, dass der BVT nicht mehr richtig arbeiten kann.“

Auch Kurz hätte die Details dieser Causa gekannt und vor allem deshalb die Notbremse gezogen, so Brandstätter. Und nicht, um spekulativ Neuwahlen vom Zaun zu brechen, wie ich ergänzend hinzufügen möchte. Ob Brandstätter Angst hat, dass sein Buch beschlagnahmt wird? „Nein, um Gottes Willen! Weil ich alles genau recherchiert habe. Und alles, was ich schreibe, OK ist.“ Auch Kickl und Kurz hätten schriftlich Fragen übersandt bekommen. Und beantwortet. All dies sei in seinem Œvre berücksichtigt.

In der Branche dürfte in den nächsten Tagen jedenfalls ein ordentlicher Sturm losbrechen. Politisch, aber wohl auch medienpolitisch. In der Raiffeisen-Vorstandsetage wird man ob solcher Dinge definitiv nicht amüsiert sein. Und auch vom ehemaligen Innenminister sind scharfe Töne zu erwarten. In der Musik gibt’s die sogenannten Sommerhits. Im Journalismus die Sommer-Bombe. Das dürfte die heurige sein…

In seinem, am Freitag diese Woche erscheinenden Editorial, bringt ExtraDienst Herausgeber Christian W. Mucha erste Details zum neuen Buch von Dr. Helmut Brandstätter. Hier ein Vorabdruck des Leitartikels von ExtraDienst 6-7/ 2019.

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