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Besorgnis-Erreger

Abgesagte Kampagnen, sinkende Umsätze, verunsicherte Firmen: Das Coronavirus sorgt in der Kommunikations-Industrie für wirtschaftliche Ängste. Mögliche Folgen kann aber bisher niemand verlässlich abschätzen.
© Adobe Stock

Die Kommunikations-Industrie kämpft mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie

Das traute Heim verwandelte sich über Nacht zur Sendezentrale. Eine neue Situation für umfeldverwöhnte Manager mit exquisiten Besprechungsräumen, flinkem Personal und gehobener Infrastruktur wie ProSiebenSat.1-Chef Max Conze und Finanzvorstand Rainer Beaujean. Die Führungskräfte waren aber keineswegs in Ungnade gefallen. Vielmehr sorgte praktizierte Vorsicht für mehrere Tage Job-Quarantäne im Homeoffice. Denn ein Mitarbeiter jenes Fernsehkonzerns hatte sich mit Corona infiziert.
Für seine Kontaktpersonen und deren Kontakte galt der Arbeitsplatz im deutschen Unterföhring deshalb kurzfristig als absolutes Sperrgebiet. Rund 200 Personen verlegten ihre Tätigkeit in die eigenen vier Wände, unterstützt durch moderne Technik. So wurde beispielsweise die Bilanz-Pressekonferenz in den immunen Cyberspace verlegt. Auf Brötchen und Kaffee mussten die Journalisten also ersatzlos verzichten. Das Datenmaterial gelangte mittels Webcast ungefährdet zu den interessierten Redaktionen.
Jener Erreger, der jetzt die Welt in Atem hält, kann also schlagartig selbst das Leben von TV-Profis umkrempeln. Doch es sind nicht nur physische Risiken, die ein höchst beklemmendes Gefühl verbreiten. Vielmehr wächst in der globalen Kommunikations-Industrie von Tag zu Tag die Sorge über wirtschaftliche Folgen. Abseits aller Ängste, Hoffnungen, Prognosen, Vermutungen, Warnungen und Beschwichtigungsformeln herrschen kaum Zweifel bei Experten: Das Virus wird materielle Schäden auslösen, deren Tragweite bis dato niemand exakt abschätzen kann.

Realer Albtraum

Die rote Karte für renommierte Veranstaltungen wie die Mobilfunk-Messe MWC in Barcelona oder die Berliner Tourismusmesse ITB machten bald deutlich, dass hier möglicherweise ein realer Albtraum begonnen hat. Die Verantwortlichen von Medien, Agenturen und Betrieben sind mit Ungewissheit und Unsicherheit konfrontiert. Genährt von Gerüchten, dass sogar der Eurovision Song Contest oder die Fußball-EM als Wackelkandidaten gelten. Niemand weiß mit Bestimmtheit, wie es weitergeht, während die Nachrichtenmaschinen stetig von weiteren Fällen und teils drastischen Gegenmaßnahmen berichten.
In vielen den internationalen Chefetagen der Branche macht sich Alarmstimmung breit, selbst wenn diese nach außen hin gut getarnt ist. Allerorts werden in gebotener Eile Krisenszenarien durchgespielt, Notfallpläne aus den Schubladen geholt, Maßnahmen eingeleitet und auf bessere Zeiten gehofft. Begleitet von der Furcht einer Wiederholung der Wirtschaftskrise aus dem Jahre 2008, die ein mittleres materielles Erdbeben auslösen würde. Solange jedoch weder Entspannung noch Entwarnung in Sicht sind, bleibt für Experten nur eine seriöse Option: Vorbereitungen für etwaige ökonomische Ernstfälle treffen.
„Es ist zu früh, um über Konsequenzen für das Werbegeschäft zu spekulieren. Auswirkungen von Corona sind im Reisesegment spürbar, sonst herrscht eine abwartende Haltung in den Firmen. Vereinzelt wird mit einem Motivwechsel reagiert. Natürlich beobachten wir die Ausbreitung sehr genau und haben uns zu verschiedenen Szenarien Gedanken gemacht. Mit Werbepartnern stehen wir im engen Dialog und gehen davon aus, dass Verträge erfüllt werden“, sagt Andreas Kösling, Geschäftsleiter Sales der Vermarkterallianz Ad Alliance, bestehend aus IP Deutschland, G+J e|MS, smartclip sowie Spiegel Media.
Solche Überlegungen werden trotzdem genug Managern schlaflose Stunden bereiten. Denn gerade die Reaktionen globaler Großkonzerne lassen sich einstweilen nicht voraussagen. Was die Sache keineswegs angenehmer gestaltet. Doch über ihren Gemütszustand verraten die Lenker der Kommunikations-Industrie ohnehin wenig: Kaum jemand will Fragen beantworten, wenige wagen sich aus der Deckung. Niemand will schwarzmalen oder Pseudo-Optimismus verbreiten. Sicher ist momentan nur eines: Die Anspannung bei den Akteuren scheint grenzenlos zu sein.
Andere wie Maximilian Dasch reden hingegen Klartext: „In den ersten zwei Monaten des Jahres konnten wir noch keine atypischen Bewegungen am Werbemarkt feststellen. Aktuelle Veränderungen beobachten wir natürlich wachsam und genau. Aufgrund der Aussichten der OECD ist auch die Medienbranche von wirtschaftlichen Folgen betroffen. Auswirkungen auf den Tourismus spüren wir im Buchungsverhalten. Gleiches gilt für Messen und Events, bei denen wir als Medienpartner partizipieren“, erläutert der Geschäftsführer der Salzburger Nachrichten.

Von Christian Prenger

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