Vom 21. bis 22. September sind in diesem Jahr die Medientage in Wien. Vor allem in stürmischen Zeiten stehen Medien als Anker und Leuchttürme angesichts der Polarisierung der Gesellschaft zusehends auf dem Prüfstand. So wird auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk hierzulande manchmal mit Vorwürfen konfrontiert, nicht ausgewogen zu berichten. „Wir hinterfragen uns täglich“, so ORF-Chef Roland Weißmann bei den Österreichischen Medientagen. Insgesamt orte er aber einen „unabhängigen, ausgewogenen“ ORF, der hart daran arbeite, alle bestmöglich zu erreichen.
„Nachrichtenmüdigkeit“
„Natürlich sind Menschen kritisch, das ist auch ihr gutes Recht. Aber ehrlicherweise merken wir Kritik oft aus einer Zuspitzung heraus, um möglicherweise Aufmerksamkeit zu erregen und zu polarisieren“, so Weißmann. So sei die Aufgabe von Qualitätsmedien, auf Augenhöhe mit der Bevölkerung zu operieren. Weißmann merke bei den Österreicherinnen und Österreichern eine „gewisse Nachrichtenmüdigkeit“. Um gegenzusteuern, solle man nicht nur informieren, sondern auch unterhalten. „Man will ja nicht lebensmüde werden.“
Keine Ähnlichkeit zum RBB
Vorwürfe rund um Filz und Freunderlwirtschaft, wie sie derzeit den deutschen Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und dessen fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger betreffen, fürchtet Weißmann nicht. Als öffentlich-rechtliches Medienhaus stehe man zu Recht auf dem Prüfstand. „Wir haben 15 Prozent weniger Gehalt als die Vorgängergeschäftsführung, fahren kleinere Dienstautos, vertrauen auf strenge Compliance-Vorschriften und gehen mit gutem Beispiel voran“, so der ORF-Chef. „Im ORF ist alles in Ordnung“, so sein Befund.
Immer kritisch bleiben
ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz wurde von „Kurier“-Chefredakteurin Martina Salomon zu seiner Tätigkeit in der Ukraine und der Möglichkeit, Propaganda von Wirklichkeit zu unterscheiden, befragt. Wehrschütz meinte, es gelte zu berücksichtigen, dass beide Seiten versuchen, Journalisten zu manipulieren. Zugang zu Informationen seien zwangsläufig begrenzt und dennoch müsse man danach streben, auch „dritte Quellen“ zu haben. Keineswegs dürfe man sich zum Anwalt einer Sache machen. Russland sei zwar ganz klar der Aggressor, dennoch müsse man Dinge kritisch prüfen.
Nicht nur negative Seiten
Nur Zerstörung zu zeigen, erachtet der ORF-Korrespondent nicht als sinnvoll. „Wir versuchen auch zu zeigen, welche Überlebensstrategien es gibt und welche Selbstlosigkeit etwa von Ärzten oder dem Pflegepersonal ausgeht“, so Wehrschütz. Die jüngst von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete Teilmobilmachung in Russland bezeichnete er als „gefährlichste Eskalationsstufe seit der Kuba-Krise“. „Die Situation ist brandgefährlich“, so der ORF-Korrespondent.
APA/ Red.